
Die Vertreibung
aus dem Paradies
An der Westseite der Johanneskirche, direkt neben dem ‚Baum des
Paradieses”, ist das Fenster mit dem Titel „Vertreibung aus dem
Paradies” zu sehen. Zwei im Dunkeln stehende Menschen, eine Frau und ein
Mann. Fast nackt, verschreckt und verschämt halten sie mit ihren Händen
die noch ungewohnten Lendenschurze fest. Der Blick zurück ist ratlos,
mutlos, verängstigt, vielleicht sogar ein bisschen verärgert. Auch eine
Sehnsucht nach dem, was sie zurücklassen müssen, ist zu erkennen.
Aber ein Zurück gibt es nicht. Mit erhobenem Schwert, in gleißendem
Licht, in leuchtende Farben gehüllt, schön und schrecklich zugleich
versperrt der Cherub das Tor zum Paradies. Und Gott trieb den Menschen
hinaus und ließ lagern vor dem Garten Eden die
Cherubim mit dem flammenden, blitzenden Schwert, zu bewachen den Weg zu
dem Baum des
Lebens. So heißt es im 1. Buch Mose im 3. Kapitel.
Was haben diese Menschen getan, dass sie hinausgeworfen wurden und der
Zugang zum Paradies für sie verschlossen bleibt?
Was haben die Menschen getan, dass sie nun in Dunkelheit leben und
verharren müssen?
Sie haben Gott nicht vertraut. Sie wollten wissen, was gut und böse ist.
Sie wollten sein wie Gott. An diesem Wunsch, an diesem Streben und
Bemühen hat sich seit Bestehen der Menschheit nichts geändert.
Die einen bauten einen Turm, der bis an den Himmel reichen sollte, um
Gott zu zeigen, wie groß die Fähigkeiten der Menschen sind. Doch Gott
hat ihnen gezeigt, wo die Grenzen liegen. Auch in unserer Zeit wird
immer wieder versucht, zu sein wie Gott. Menschen machen sich zum Herrn
über Leben und Tod. Per Definition wird festgelegt, wann Leben beginnt
und wann Leben endet. Der Mensch spielt sich auf zum Herrn über die
Natur. Er will sein wie Gott. Doch was bleibt, ist immer wieder die
Erkenntnis, dass mit dem Verlassen allein auf eigene Fähigkeiten wir
Menschen an unsere Grenzen stoßen und Schiffbruch erleiden. „Im Schweiße
deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du wieder zu Erde
werdest, davon du genommen bist.
Dies gibt Gott dem Menschen mit auf seinem Weg aus dem Paradies. Und das
alles nur, weil der Mensch sein wollte wie Gott. Damit wurden nicht neue
Tore und Perspektiven eröffnet.
Damit schlägt der Mensch die Tür zu und kann sie nicht mehr allein
öffnen. Das kann nur ein anderer.„Heut schließt er wieder auf die Tür
zum schönen Paradeis; der Cherub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob,
Ehr und Preis.’
In diesen Worten aus dem Weihnachtslied „Lobt Gott, ihr Christen alle
gleich” wird deutlich: Durch Jesus ist der Zugang zum Paradies wieder
geöffnet, den die Menschen mit ihrem Tun und Handeln verbaut haben und
immer noch Tag für Tag zumauern. Wir müssen nicht sein wie Gott, wir
dürfen Kinder Gottes sein und uns seiner Führung anvertrauen.
Rüdiger Glufke
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